Die Geschichte vom Paradies

Es sind die unwegsamsten Regionen, die der Pariser Geo-Reporter Michael Stührenberg besucht und beschreibt, weil es dort keine festen Korrespondenten des Magazins gibt. Er liest eine seiner atemberaubenden Reportagen, die er für das internationale Magazin GEO geschrieben hat: „Die Geschichte vom Paradies“.

So fängt diese Geschichte des Paradieses an: 
„Die Nacht vor der Ankunft im Paradies war seltsam. Ich sage „Paradies“, weil die Belesenen an Bord, die zu dieser Stunde noch wach lagen, von Watteau sprachen - jenem französischen Maler des 18. Jahrhunderts, der das Paradies als eine Insel definierte, zu der Pilger aufbrechen, ohne jemals anzukommen, und deren Licht sie nur wahrnehmen, solange es am fernen Horizont leuchtet.    
Und ich schwöre, in jener Nacht haben wir dieses Licht gesehen. Die Freydis hatte die Îles Banks, (nordöstlichste Inselgruppe des südpazifischen Inselstaats Vanuatu), am frühen Morgen verlassen, und ein günstiger Wind hatte das Boot nordostwärts getrieben. (…) Vielleicht vertiefte der monotone Dialog von Wind und Wellen unser Gefühl von Einsamkeit stärker, als wirkliche Stille es vermocht hätte. Als gegen sechs Uhr die Nacht über das Schiff hereinbrach, blieb von der Welt nichts als dieses Rauschen in zwei Tonlagen.
Ab Mitternacht hielt ich mit Kapitän Wilts Wache an Deck. Irgendwann entdeckte der Skipper über der Bugspitze das ferne Licht. Ein Leuchten, das wie eine gewaltige Kuppel auf dem Meer lag. Wir konnten uns keinen Reim darauf machen, glaubten jedoch, dass nur Zeit und Distanz uns von des Rätsels Lösung trennten. Aber eine halbe Stunde später war die Leuchtkuppel verschwunden.“

Begleitet wird die Lesung von Musik des Trios Annette Schäfer (Geige), Heidi Litschauer (Cello) und Gunter Teufel (Bratsche).